Welche weiteren Leistungen erbringen die Geisteswissenschaften für Wirtschaft und Gesellschaft?

Das Potenzial der Geisteswissenschaften

Indirekten Nutzen stiften die Geisteswissenschaften mit Kulturleistungen, die als selbstverständlich vorausgesetzt werden: Sie pflegen, vermitteln, vergegenwärtigen, prüfen, revidieren, aktualisieren und ergänzen Werte, Normen, Symbole, das Sprachvermögen und ein lebenspraktisch relevantes Allgemeinwissen. Damit leisten sie einen erheblichen Beitrag an die Grundlagen unserer Kultur und Zivilisation – diese Kulturleistungen sind eine im Prinzip unbegrenzt vermehrbare und nutzbare Ressource, die aber über die Generationenfolge hinweg erneuert und bestätigt werden muss.

Die Vergegenwärtigung und Vermittlung von Werten, Normen und Symbolen sind Grundlage jeglicher Sozialisation, sind Voraussetzung für die gesellschaftliche Integration und liefern die gemeinsame Basis für die Diskussion und Beurteilung von Handlungsoptionen, Entscheiden und Beurteilungen. Sie allein ermöglichen und garantieren ein friedliches Zusammenleben sowie eine gewaltfreie Lösung von Konflikten. Diese Stabilisierung der Gesellschaft durch gemeinsam geteilte Werte und Normen sind eine zentrale Voraussetzung für eine gedeihliche Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Über diese Stabilisierungsleistung hinaus eröffnen die Geisteswissenschaften die für eine offene und entwicklungsfähige Gesellschaft notwendigen Möglichkeits- und Reflexionsräume, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Innovationen den Boden bereiten. Auch ermöglichen sie die Adaption von Wirtschaft und Gesellschaft an sich laufend verändernde Bedingungen. Sie bereiten das für eine dynamische, sich laufend verändernde Wirtschaft und Gesellschaft unverzichtbare Orientierungs- und Zielwissen auf.

Die Geisteswissenschaften als Wissensspeicher

Mit dem kulturellen Gedächtnis stellen die Geisteswissenschaften einen Wissensspeicher sicher, welcher unterschiedlichste Lebensformen und damit verbundene Ideen und Vorstellungen in ihren beabsichtigten und unbeabsichtigten Wirkungen dokumentiert und in gegebenen Situationen gewählte und nicht gewählte Optionen festhält. Damit zeigen sie eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten, alternativen Lösungswegen, mögliche Interpretationen und sich daraus ergebende Vorgehensweisen auf. Relevanz vermittelt diesem Reservoir an Möglichkeiten die Gegenwart und wohl noch stärker die Zukunft: Das kulturelle Gedächtnis speichert Erfahrungen, Strategien, Erkenntnisformen, Handlungs- und Deutungsmuster, Argumentationen, Begründungen, Geschichten und Bilder, die kontinuierlich in unterschiedlichsten Situationen und Kombinationen aktiviert werden können.

Dieser Wissensspeicher ist nicht bloss Grundlage des Orientierungs-, Reflexions- und Zielwissens: Er sorgt dafür, dass Produkte wie Landschaften und Bauten eine Geschichte und eine Bedeutung erhalten und sich somit in Sehenswürdigkeiten verwandeln. Weiter schenkt er Produkten eine Herkunft, die sie als Original, typisch, qualitativ hochwertig oder einzigartig ausweist. Einem Steinbruch gleich bedienen sich Marketing, Branding, Gestaltung und Verpackung diesem kulturellen Fundus, um spezifische Qualitäten sichtbar zu machen, Alleinstellungsmerkmale zu erzeugen, um damit neue Märkte zu kreieren und gesättigte Märkte zu segmentieren.